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Status: inhaltlich freigegeben
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Gültig ab: 2015-02-12
Die Patienteninformation zur Aufklärung über Studieninhalt und Ablauf sowie das Einholen der Einwilligungserklärung ist eine zentrale und sehr verantwortungsvolle Aufgabe im Rahmen der Patientenrekrutierung.
Die Aufklärung von Patienten bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter erfolgt üblicherweise durch die Prüfperson. Die Prüfperson kann Teile des Aufklärungsgespräches an eine Study Nurse delegieren.
Die Prüfperson, die das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten führt, unterzeichnet am Ende auch die Einwilligungserklärung.
Der vorliegende Prozess beschreibt die einzelnen Schritte zur Patientenaufklärung und Einwilligung unter Berücksichtigung der besonderen Situationen bei Einschluss besonders verletzbarer Personen.
Der Prozess schliesst mit dem Vorliegen der unterschriebenen Einwilligungserklärung und gegebenenfalls weiterer Einverständnisdokumente.
Studienpopulation prüfen
Entscheidend ist hier die im Protokoll festgelegte Zielpopulation, das heisst, ob urteilsfähige Erwachsene und/oder besonders verletzbare Personen (Kinder unter 14 Jahren, Jugendliche, Urteilsunfähige oder Personen in Notfallsituationen) in die Studie eingeschlossen werden.
Für Schwangere Frauen und Personen mit Freiheitsentzug gilt die gleiche Vorgehensweise wie für urteilsfähige Patienten und Probanden.
Urteilsfähige Erwachsene
Urteilsfähige Erwachsene erhalten die Studieninformation und unterzeichnen nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die Einwilligungserklärung.
Säuglinge, Kleinkinder und Kinder unter 14 Jahre
- Säuglinge und Kleinkinder werden durch den gesetzlichen Vertreter (Eltern, Sorgeberechtigte) vollständig vertreten, das heisst der Vertreter erhält eine schriftliche Studieninformation und unterzeichnet nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die Einwilligungserklärung.
- Kinder im Alter bis zu 10 Jahre sind mündlich aufzuklären. Die gesetzlichen Vertreter erhalten eine schriftliche Studieninformation und unterzeichnen nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die Einwilligungserklärung.
- Kinder im Alter 11-13 Jahre sind mündlich aufzuklären und erhalten zusätzlich eine der Altersgruppe angepasste schriftliche, allenfalls graphische Studieninformation. Die gesetzlichen Vertreter erhalten eine schriftliche Studieninformation und unterzeichnen nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die Einwilligungserklärung.
Jugendliche ab 14 Jahren
Jugendliche ab 14 Jahren werden mündlich aufgeklärt und erhalten zusätzlich die gleiche, jedoch in der Anrede (Du-Form) angepasste schriftliche Studieninformation wie die gesetzlichen Vertreter.
Beide unterzeichnen nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die Einwilligungserklärung.
Urteilsunfähige Erwachsene
Urteilsunfähige Erwachsene (z.B. aufgrund einer Behinderung, Demenz-Erkrankungen oder eines Wachkomas) werden durch den gesetzlichen Vertreter, eine bezeichnete Vertrauensperson oder mit einer mutmasslichen Willensäusserung durch den nächsten Angehörigen vertreten, insofern die Vertretung schriftlich durch die Studieninformation aufgeklärt wurde.
Hat die urteilsunfähige Person einen gesetzlichen Vertreter, so unterzeichnet dieser nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die Einwilligungserklärung.
Hat die urteilsunfähige Person keinen gesetzlichen Vertreter, so unterzeichnet ein Angehöriger oder eine von ihm bezeichnete Vertrauensperson nach einem persönlichen Aufklärungsgespräch die mutmassliche Willensäusserung des Patienten.
Personen in Notfallsituationen
Das Gesetz sieht keine Definition einer Notfallsituation vor. Als Orientierungshilfe sollte beurteilt werden, ob der Patient in der akuten Situation urteilsfähig für die Einwilligung zu einer Studie ist.
Wird er in der akuten Situation als nicht urteilsfähig eingeschätzt, gelten die Regelungen für Personen in Notfallsituationen. Die Behandlung eines Patienten auf der Notfallstation bedeutet nicht per se, dass er sich in einer Notfallsituation befindet.
In einer Notfallsituation muss ein unabhängiger Arzt als Garant der Patienteninteressen vor Studieneinschluss bestätigen, dass die Interessen der Versuchsperson gewahrt werden und ihre medizinische Betreuung sichergestellt ist.
Sobald möglich, ist auch der mutmassliche Wille des Patienten bezüglich der Studienteilnahme abzuklären. Dies geschieht durch Einbezug von Angehörigen oder dem Patienten nahestehender Personen, die über die Studie informiert werden.
Sobald es die Umstände erlauben, sind die Patienten persönlich aufzuklären und um Ihre schriftliche Einwilligung zur Studienteilnahme zu bitten. Bei Verweigerung der nachträglichen Einwilligung dürfen das biologische Material und die Daten nicht länger für die Studie verwendet werden.
Bei dauerhafter Urteilsunfähigkeit gelten die Regelungen für die Studieninformation für urteilsunfähige Erwachsene.
Gesetzlichen Vertreter und ggfs. Kind mündlich aufklären
- Kinder im Alter bis zu 10 Jahre sind mündlich aufzuklären.
- Kinder im Alter 11-13 Jahre sind mündlich aufzuklären und erhalten zusätzlich eine der Altersgruppe angepasste schriftliche, allenfalls graphische Studieninformation.
Unabhängigen Arzt/Ärztin als Garant der Patienteninteressen beiziehen
Das Gesetzt sieht vor beim Einschluss von Patienten in Notfallsituationen zur Wahrung deren Interessen einen unabhängigen Arzt/Ärztin beizuziehen.
Das Wort "beiziehen" wird nicht näher definiert. Es empfiehlt sich jedoch eine kurze mündliche Aufklärung des unabhängigen Arztes durchzuführen.
Zusätzlich muss für jeden Patienten eine schriftliche Erklärung als "Garant der Patienteninteressen" eingeholt werden.
Unterschriebene Einwilligungserklärung einholen
Bei Einschluss eines Patienten in einer Notfallsituation müssen folgende Einwilligungsdokumente vorliegen:
- Mutmassliche Willensabklärung durch eine vertretungsberechtigte Person
- Stellungnahme eines unabhängigen Arztes als Garant der Patienteninteressen
Wenn triftige Gründe vorliegen, dürfen diese Dokumente ausnahmsweise erst später eingeholte werden. Diese Umstände und das genaue Vorgehen sind vorgehend mit der Ethikkommission abzuklären.
Sobald möglich Studieninformation und Einwilligungserklärung aushändigen
Sobald es die Umstände erlauben, sind die Patienten persönlich aufzuklären und um Ihre schriftliche Einwilligung zur Studienteilnahme zu bitten. Bei Verweigerung der nachträglichen Einwilligung dürfen das biologische Material und die Daten nicht länger für die Studie verwendet werden.
Bei dauerhafter Urteilsunfähigkeit gelten die Regelungen für die Studieninformation für urteilsunfähige Erwachsene.
Alle unterschriebenen Einwilligungsdokumente eingeholt
Cave: Die Dokumente sind zu unterschreiben und von allen unterzeichnenden Personen eigenhändig zu datieren.
Verweigert der Patient/Proband oder die vertretungsberechtigte Person die Einwilligung, so darf der Patient nicht in die Studie eingeschlossen werden.
Die Gründe hierfür sind auf dem Screening- and Enrolment-Log festzuhalten.
Kopie der Einwilligungsdokumente an Patienten/Probanden bzw. an vertretungsberechtigte Person aushändigen
Von allen Einwilligungsdokumente sind grundsätzlich Kopien anzufertigen, die dem Patienten/Probanden oder der vertretungsberechtigten Person ausgehändigt werden.
Es wird schriftlich festgehalten, dass der Patient/Proband bzw. die vertretungsberechtigte Person eine Kopie der unterschriebenen Einwilligungsdokumente erhalten hat. Die Information wird im Investigator Site File abgelegt.
Einwilligung dokumentiert
Die Einwilligung ist nun vollständig dokumentiert; die Einwilligungsdokumente sind sowohl vom Patienten/Probanden bzw. der vertretungsberechtigten Person als auch von der Prüfperson unterschrieben und jeweils von der unterzeichnenden Person eigenhändig datiert.
Die Einwilligungsdokumente werden im Investigator Site File abgelegt.
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